Späte Wiederentdeckung:

Eugen Coubillier: Teil der Müllverbrennungsanlage in Niehl (um 1928) – Kölner Fotoarchiv
August Sander, Hugo Schmölz, Werner Mantz und Eugen Coubillier waren in den 1920er und 1930er Jahren Namen, die den Ruf Kölns als Stadt der modernen Fotografie prägten. Noch heute wird ihr Werk gefeiert. Doch halt – wer war denn Eugen Coubillier? Ihm seinen vergessenen Platz in der Fotogeschichte zurückzugeben, ist Ziel des Prachtbands „Eugen Coubillier – Fotograf von Köln 1906-1943“ von Autor Walter Filz und Fotohistoriker Wolfgang Vollmer, das jetzt im Greven-Verlag erschienen ist.

1942 wurden Coubilliers Atelier am Hohenstaufenring und damit sein komplettes Werk beim „1000-Bomber-Angriff“ völlig zerstört. 1953 starb der gebürtige Franzose, 73 Jahre alt. Er hatte keine Zeit mehr, sich in der neu erwachten Kunstszene zurückzumelden.
Ein Flohmarkt-Fund brachte die Geschichte ins Rollen
Dabei war er gut im Geschäft gewesen. Vollmer war auf ihn gestoßen, als er auf einem Flohmarkt das kleine Fotobuch „Köln in 100 Bíldern“ fand. Es war 1928 anlässlich der internationalen Presse-Ausstellung „Pressa“ erschienen. Es sollte das Interesse der Besucher für Köln wecken. Allein 25 Architekturaufnahmen stammen von Coubellier. Sicher kein Auftrag für einen unbekannten Fotografen.
Und der war Coubillier da schon lange nicht mehr,. Insbesondere mit einfühlsamen Porträts hatte er sich einen Namen gemacht, war Favorit von Oberbürgermeister Konrad Adenauer und Erzbischof Schulte. Heute würde man ihn wohl Promi-Fotograf nennen.
Kölns bessere Gesellschaft war seine Kundschaft
Porträts machen gut 60 Prozent von Coubilliers Oeuvre aus, schätzt Vollmer. Dafür warb er auch mit Zeitungsanzeigen. Seine Aufnahmen spiegeln ein breites Spektrum der wohl etwas besseren Kölner Gesellschaft wieder. Da sind Karnevalisten, Burschenschaftler, Familien, Opernstars, Richter, Kinder bei der Kommunion. Ein stolzes Schulmädchen ziert das Titelbild des Buches – heute unbekannt, wie viele der Abgebildeten.
Wohl an den „freien“ Wochenenden zog der Fotograf mit seiner auf einem Wagen montierten Glasplattenkamera durch Köln, vermutet Vollmer. Seine Fotos zeigen uns, wie das Köln damals aussah. Als zum Beispiel die Altstadt wirklich noch eine historische Altstadt war – vor dem romantisierenden Neubau durch das NS-Regime. Scheinbar beiläufig sind die Passanten zu sehen. Steile Perspektiven sind seine Art nicht.
Ein Faible für die moderne Architektur seiner Zeit
Kirchen waren wohl seine Lieblingsmotive. Aber auch die zeitgenössische Architektur wie Bastei, Hansahochhaus und Messe. Oder die Müllverbrennungsanlage in Niehl: Kühl und sachlich steht sie da, reckt ihre Schornsteine in den leeren Himmel. Ein unbekanntes Seherlebnis sind die frühen Arbeiten, die mit einer Gummidrucktechnik reproduziert wurden: Das Ergebnis sind impressionistisch angehauchte Bilder, wie mit einem sanften Braunton gemalt.
Fazit: Ein bislang fehlendes Puzzle-Stück der Stadtgeschichte. Ein wunderbares Guck-Buch, das nostalgische Gefühle weckt. Nur ein bisschen Kritik: manchmal fehlen Seitenzahlen und auch ein Verzeichnis der abgebildeten Motive zum gezielten „Nachblättern“ wäre schön gewesen.

Walter Filz, Wolfgang Vollmer: „Eugen Coubillier – Fotograf von Köln 1906-1943“, 144 Seiten, 110 Abbildungen, Greven Verlag, 30 Euro.